Ein Feiertag für Hausmannstätten
Mit der Verkehrsfreigabe am 2. Juli 2012 endeten die Arbeiten für die Errichtung der Ortsumfahrung Hausmannstätten. Die enorme Verkehrsbelastung der B73 (Kirchbacher Straße) hat die ursprüngliche Lebensqualität im Ortsgebiet Hausmannstätten ganz wesentlich verschlechtert. Wie aus Umlegungsprognosen hervorgeht, können rund 50% des Gesamtverkehrs auf die geplante Umfahrung verlagert werden. Dies bedeutet eine wesentliche Entlastung von Hausmannstätten verbunden mit einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität der betroffenen Anrainer und der nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer.
Tunnelpatin Mag. Kristina Edlinger-Ploder: „Dieses Projekt beseitigt ein Nadelöhr und bringt den Menschen in Hausmannstätten eine wichtige Entlastung hinsichtlich Lärm, Abgase und Verkehr. Ortsumfahrung und Himmelreichtunnel stellen aber auch eine strategisch wichtige Voraussetzung für die Lösung der Verkehrsproblematik im Osten von Graz und in der Anbindung zwischen dem Südosten des Landes und dem Großraum Graz dar."
Verkehrslandesrat Dr. Gerhard Kurzmann kennt die Projektdaten: „Die Trasse der Ortsumfahrung beginnt im Westen mit dem Anschluss an die bestehende Landesstraße B 73 und erstreckt sich über eine Länge von 2.320 Metern. Im mittleren Abschnitt quert die Trasse den Bergrücken „Himmelreich" mit dem 1.045 Meter langen Himmelreichtunnel und schließt im Osten wieder an die bestehende Landesstraße B 73 an." Kurzmann ist sich aber auch bewusst, dass anlässlich der Sparzwänge die Ortsumfahrung Hausmannstätten mit dem Tunnel Himmelreich eines der letzten Projekte in dieser Größenordnung gewesen sein wird.
Landeshauptmann Mag. Franz Voves freut sich, dass nach der „Feuertaufe" des Himmelreichtunnels vor einem Monat nun die gesamte Ortsumfahrung für den Verkehr freigegeben werden konnte: „Die Ortsumfahrung stellt dank eines intensiven Planungsprozesses, in den die Bevölkerung bestmöglich eingebunden wurde, eine optimale Verkehrslösung dar, die letztlich vor allem auch mehr Lebensqualität für die Bewohnerinnen und Bewohner von Hausmannstätten bedeutet."
Projektdaten und technische Details:
Die Arbeiten für die Errichtung der Ortsumfahrung Hausmannstätten umfassten im Wesentlichen folgende Leistungen:
Für den Tunnelbau:
Bergmännische Bauweise:
Vom Westportal aus erstreckt sich der Tunnel über eine Länge von 996 Metern mit einem Gewölbequerschnitt in bergmännischer Bauweise. Der gesamte bergmännische Abschnitt wurde ab 75 Meter vom Westportal in Vortriebsrichtung entfernt, mit einem „tiefen" Sohlgewölbe aufgefahren, wobei die Sohle aufgrund des Quelldruckes bewehrt ausgeführt wurde. Im Zuge der Vortriebsarbeiten wurde der bereits 2006 fertiggestellte, Erkundungsstollen rückgebaut. Dieser wurde mit einer Länge von 742 Metern aufgefahren. Um die Abluft über den zentral situierten Entlüftungsschacht gemäß Lüftungskonzept abführen zu können, wurde eine Zwischendecke im mittleren Abschnitt des Tunnels (Länge ca. 564m) eingezogen. Der gesamte bergmännische Tunnel wurde mit einer 30 Zentimeter starken Betoninnenschale hergestellt.
Entlüftungsschacht und Querschlag:
Auf ca. der Hälfte des 1.045 Meter langen Tunnels befindet sich der Entlüftungsschacht. Vom Haupttunnel ausgehend ist ein ca. 30 Meter langer Querschlag zu errichten gewesen, der mit einem Axialventilator und E-Technik-Räumen für Nieder- und Mittelspannung ausgestattet ist. Der eigentliche Lüftungsschacht ist ca. 46 Meter hoch. Davon ragen ca. 18 Meter über die Geländeoberkante.
Offene Bauweise:
Im Osten des Tunnel Himmelreichs wurde eine 49 Meter lange offene Bauweise mit einem Gewölbequerschnitt in wasserdichter Ausführung ausgeführt.
Betriebs- und Sicherheitstechnische Einrichtungen:
Die Überwachung des Himmelreichtunnels wird von der im Zentralgebäude untergebrachten Überwachungszentrale durchgeführt. Der zu verwaltende Datenumfang der Überwachungszentrale beträgt 8.000 Datenpunkte. Außerdem sind im Zentralgebäude die Transformatoren der Mittelspannungsanlage, alle Steuerungs- und Rechnerkomponenten sowie die Notstromversorgung für den Tunnel und der Überwachungszentrale untergebracht. Durch Verwendung neuester Technologien, einheitlicher Systemarchitektur und Durchgängigkeit kann größtmögliche Sicherheit für die Verkehrsteilnehmer und Langlebigkeit der Anlagen gewährleistet werden. In Summe wurden bei der Herstellung der Anlage ca. 20 Kilometer Kabel für Energieversorgung und Steuerung aller Systeme verlegt.
Belüftungstechnische Einrichtungen:
Im Himmelreichtunnel wurde ein kombiniertes Lüftungssystem installiert. Dieses kombinierte System vereint die Vorteile verschiedener Systeme miteinander. In den Portalbereichen des Tunnels ist die Anlage als Längslüftung ausgeführt. Im Bereich der Zwischendecke, auf einer Länge von 564m, wurde eine Abluftabsaugung installiert. Die Längslüftung besteht aus jeweils drei Pärchen drehzahlgeregelter Strahlventilatoren. Ergänzend sind im Mittelteil des Tunnels sieben Abluftklappen in der Zwischendecke eingebaut. Diese Klappen bilden den Abschluss zwischen dem Fahrraum und dem darüber liegenden Abluftkanal und ermöglichen so ein punktgenaues Absaugen von Rauchgasen im Ereignisfall. Der Axialventilator mit einer Absaugleistung von 190 m³/s und einer elektrischen Leistung von 400kW bildet das Herzstück der Anlage.
Für den Straßenbau:
Landesstraße B73 West:
Die Ausbaumaßnahmen für den Straßenbau begannen im Westbereich aus dem Bestandsverlauf der Landesstraße B73 mit einer Anschlussrampe in die Kreisverkehrsanlage West (aus Richtung Graz kommend). Die Kreisverkehrsanlage beinhaltet die weiteren Anschlüsse in Richtung Ortsumfahrung Hausmannstätten, Ortsanschluss Hausmannstätten West und die Aufschließungsrampe Billa und Tankstelle der Fa. Krisper.
Im Anschluss an die Kreisverkehrsanlage läuft die Umfahrungsstraße in östlicher Richtung bis zur geplanten Kreisverkehrsanlage Mitte. Hier entstand auch der Anschluss an die L370 (St. Peter Straße). Von der Kreisverkehrsanlage Mitte führt die Umfahrungsstraße weiter Richtung Osten bis zum Tunnelportal West. Rechts vor dem Tunnelportal wurde eine Servicebucht mit einem Anschluss zum Betriebsgebäude errichtet. Die Entwässerung der Tunnelulmendränagen sowie des Einschnittbereiches vor dem Tunnel erfolgt über Erdmulden und Längskanäle mit Mehrzweckrohren DN 350 in zwei Verrieselungsbecken im Bereich der Kreisverkehrsanlage Mitte.
Landesstraße B73 Ost:
Vom Tunnelportal Ost führt die Umfahrungsstraße Richtung Osten bis zur Kreisverkehrsanlage Ost. Die Anschlüsse der L369 (Vasoldsbergstraße) in Richtung Vasoldsberg und in Richtung Hausmannstätten Ortszentrum erfolgen über diese Kreisverkehrsanlage. Über diese Äste werden auch die angrenzenden Grundstücke erschlossen. Für die Trassenerrichtung waren an dieser Stelle zwei Wohnobjekte abzubrechen. Nach der Kreisverkehrsanlage Ost verläuft die Umfahrungsstraße wieder über landwirtschaftliche Nutzflächen und bindet über einen Linksbogen in die bestehende Landesstraße B73 ein. Zur Entwässerung dieses Teilabschnittes war es notwendig eineinhalb Meter breite Erdmulden mit darunterliegenden Frostkofferdränagen bzw. Längskanäle mit Mehrzweckrohren, die in die Gerinneverlegung bzw. in das bestehende Gerinne entwässern, zu errichten.
Die rund 200 Meter südlich der Kreisverkehrsanlage Ost gelegene Kreuzung der B73 mit der L369 musste aufgrund der geänderten Verkehrssituation (B73 Richtung Hühnerberg wird als Sackstraße an die L369 angebunden) umgebaut werden. Dazu wurde die Trenninsel auf der L369 entfernt.
Sonstige Arbeiten:
Als zusätzliche Leistungen und Arbeiten für die Ortsumfahrung Hausmannstätten gehörten Leitungs- und Gerinneverlegungen, die Errichtung von Lärmschutzwänden sowie Rückhaltesystemen. Im Tunnel wurde eine Löschwasseranlage installiert. Zum Schutz des Grundwassers war es notwendig, eine Gewässerschutzanlage zu errichten.
Arbeiten, die nicht im ursprünglichen Projekt enthalten waren:
- Hochwasserschutzmaßnahmen, Planung und Ausführung eines Dückers
- Verlegung der Straßenmeisterei Liebenau nach Hausmannstätten
- Zu errichtender Gebäudekomplex für die Tunnelwarte, Tunnelüberwachungszentrale Süd, Zentralgebäude , Zentralwerkestätte und Straßenmeisterei
- Feuerwehrzugangsschacht in Tunnelmitte neben dem Lüftungsschacht. Dieser 35 Meter Schacht ist mit einem Feuerwehraufzug ausgestattet
Bauvergabe:
Die Bauarbeiten wurden am 24.11.2009 an die ARGE OUF Hausmannstätten Östu-Stettin / G. Hinteregger & Söhne vergeben.
Die Projektleitung wurde durch das Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung 18 B Referat Tunnelbau durchgeführt.
Vergabe der Betriebs- und Sicherheitstechnische Einrichtungen an:
-
Fa. DÜRR Austria GmbH
-
Vergabe der Belüftungstechnische Einrichtungen an:
- Fa. DÜRR Austria GmbH
Bauzeit:
Baubeginn: 11. Jänner 2010
Verkehrsfreigabe: 02. Juli 2012
Gesamtfertigstellung: Mitte November 2012
Kostenzusammenstellung:
OUF Hausmannstätten
Tunnelbau, Straßenbau, Lärmschutz,
Nebenanlagen 41,0 Mio.
Lüftungstechnische Einrichtungen 3,1 Mio.
Betriebs- und Sicherheitstechnische Einrichtungen 7,3 Mio.
Zwischensumme: 51,4 Mio.
Zusätzliche Leistungen:
Straßenmeisterei, Zentralwerkstätte, Tunnelwarte und Betriebszentrale Süd 11,0 Mio.
Feuerwehraufzugschacht und Hochwasserschutzmaßnahmen 2,6 Mio.
Gesamtbaukosten: 65,0 Mio.
Wichtige Baulosdaten im Zeitraffer:
11.01.2010: Baubeginn der 2.320 Meter langen OUF Hausmannstätten
04.03.2010: Beginn der Tunnelvortriebsarbeiten (Tunnelpatin Frau LR Mag. Edlinger-Ploder)
05.10.2010: Kalottendurchschlag
04.11.2010: Vortriebsarbeiten inkl. Kaverne und Lüftungsschacht werden abgeschlossen (Tunnelausbruch: ca. 80.000 m3; Spritzbeton: ca. 22.000 m³; Anker: ca. 5.000 Stk. und 20.000 lfm; Isolierung, Abdichtung: ca. 25.000 m²)
04.11.2010: Beginn der Arbeiten für die Innenschale mit Sohlgewölbeausbau, Kaverne und Lüftungsschacht sowie ca. 570 lfm Zwischendecke mit Absaugöffnungen
14.04.2011: Fertigstellung der Innenschale (Konstruktionsbeton: ca. 35.000 m³; max. Tagesleistung bis 900 m³ Beton; Bewehrungsstahl: ca. 1.100 Tonnen; Asphaltflächen: ca. 43.000 m²; Lärmschutzwände: ca. 2.000 lfm in einer durchschnittlichen Höhe von ca. 3,5 Meter). Im Vollbetrieb waren ca. 50 Arbeiter und 10 Angestellte auf der Baustelle beschäftigt. Es konnten in der Hauptbauzeit ca. € 2,0 Mio. monatlich umgesetzt werden.
Es waren ca. 40 Technische Büros bei der Umsetzung des Projektes beteiligt. Während der Bauzeit wurden ca. 80 Firmen beschäftigt und acht Leitungsträger beteiligt.
Geschichte der Planung:
- Der Planungsprozess für die Ortsumfahrung von Hausmannstätten im Zuge der B73 reicht bis 1979/80 zurück. Verschiedenste Trassenvarianten wurden entwickelt. Aufgrund massiver Einsprüche und Bürgerinitiativen aus der Nachbargemeinde wurden diese Trassenvarianten verworfen.
- 1982 wurde in einem generellen Projekt die Variante einer Umfahrung ausschließlich auf Gemeindegebiet projektiert. Jedoch wurde auch diese Variante verworfen, da sie durch attraktives Wohngebiet führte und negative Auswirkungen auf die Entwicklung der Bautätigkeit der Gemeinde haben könnte.
- 1985-1986 Gründung eines Aktionskomitees „ Umfahrung Hausmannstätten. Weitere Varianten werden negativ beurteilt.
- 1991-1994 Erstellung von Verkehrsstudien über die Region Graz - Südost.
- 1994-1996 Erstellung eines neuen generellen Projektes mit zwei Varianten einer Ortsumfahrung.
- 1996 Volksbefragung brachte mehrheitliche Entscheidung der Bürger für die Variante II.
- 1996-1997 Optimierung der Trassenvarianten und genereller Variantenvergleich sowie Auswirkungen auf Raum, Umwelt, Benützer und Betreiber.
- 1997 Genehmigung des generellen Projektes (Variante II) durch das BMFWA
- 1999-2000 Ausarbeitung der vorliegenden Einreichplanung
- Projektgenehmigung durch die Steiermärkische Landesregierung
- Geotechnische und Hydrologische Untersuchungen
- Durchführung des UVP - Verfahrens
- Straßenrechtliches Verfahren
- Ausschreibung der Bauarbeiten Erkundungsstollen
- Baubeginn Erkundungsstollen 11.04.2005
- Fertigstellung Erkundungsstollen 11.05.2006
Allgemeines:
- Teamgeist für dieses Projekt von Arbeitern, Angestellten, Planern und Aufsichtsorganen, sowohl intern als auch extern ermöglichten die Umsetzung dieses Großbauvorhabens.
- Verkehrsteilnehmer erhalten eine dem letzten Stand der Technik entsprechende Umfahrungsstrecke.
- Bevölkerung im Ortskern Hausmannstätten wird entlastet und eine bessere Lebensqualität geschaffen.
- Für den Bevölkerungsteil, der direkt an der neuen OUF Hausmannstätten angrenzt, wurden entsprechende Umweltmaßnahmen gesetzt.
- Hervorzuheben bei dieser Baustelle ist die gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde und den betroffenen Bewohnern.
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3. Juli 2012