Unfall-Rückgang mit "Section Control"
Der zehn Kilometer lange Plabutschtunnel auf der Pyhrn Autobahn A9 wird ab Herbst 2011 Standort einer neuen „Section Control"-Anlage sein. Das haben der steirische Verkehrs-Landesrat Dr. Gerhard Kurzmann, der Leiter der Landesverkehrsabteilung Oberst Wolfgang Staudacher und DI Rainer Kienreich, Geschäftsführer der ASFINAG Service Gesellschaft, im Rahmen einer Pressekonferenz bekannt gegeben. „Sowohl die Unfallzahlen als auch eine Erhebung der derzeit gefahrenen Geschwindigkeiten sprechen eindeutig dafür, den längsten zweiröhrigen Straßentunnel Europas durch den Einsatz der Section Control sicherer zu machen", begründet Kienreich die Entscheidung für diesen Standort auf der Pyhrn Autobahn A9 bei Graz.
Verkehrslandesrat Kurzmann sieht den Einsatz der „Section Control" positiv: „Für mich als zuständigen Landesrat ist Verkehrssicherheit ein wesentlicher Aspekt. Im Jahr 2004 wurde erstmals ein Verkehrssicherheitsprogramm auf den Weg gebracht, in diesem Jahr wird das Programm bis 2020 fixiert. Wir konzentrieren uns auf die Themenfelder der Bewusstseinsbildung, der Legislative und der Überwachung sowie auf die Infrastruktur und haben übergreifende Leitsätze und Ziele formuliert. So wird eines der Ziele sein, den Verkehrsraum so zu gestalten, dass eine Verhaltensänderung der Verkehrsteilnehmer bewirkt und damit die Eigenverantwortung erhöht wird. Die Section Control fällt in den Bereich der Legislative und Überwachung und soll zur Geschwindigkeitskontrolle auf sensiblen Streckenabschnitten dienen."
Knapp 33.000 Fahrzeuge sind täglich durch die beiden Röhren des Tunnels unterwegs. Davon sind rund 13 Prozent Schwerfahrzeuge. Täglich passieren auch 60 Gefahrenguttransporte den Plabutschtunnel. In den Jahren 2005 bis 2010 haben sich im Tunnel vierzig Unfälle mit Personenschaden ereignet. Dabei gab es sechzig verletzte Personen. Fünf Menschen kamen bei den Unfällen ums Leben. „Tunnelsicherheit ist der ASFINAG ein zentrales Anliegen. Seit dem Tauerntunnel-Unfall 1999 wird sehr viel Geld in zweite Tunnelröhren und die sicherheitstechnische Aufrüstung bestehender Anlagen investiert - und das nicht ohne Grund. Das Risiko bei einem Unfall getötet zu werden, ist im Tunnel doppelt so hoch wie auf Autobahnen im Freiland", erklärt Kienreich.
Eine stichprobenartige Erhebung der im Plabutschtunnel gefahrenen Geschwindigkeiten an drei Messpunkten (Einfahrt - Mitte - Ausfahrt) hat zudem gezeigt, dass die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h nur selten eingehalten wird. In der Oströhre (Richtungsfahrbahn Linz) sind rund 50 bis 60 % der Pkw-Lenker schneller unterwegs, in der Gegenrichtung sind es - je nach Messstelle sogar 70 bis 94 (!) Prozent der Pkw-Lenker.
Wenn der Plabutschtunnel wegen eines Unfalles gesperrt wird, sind große Verkehrsbehinderungen in der steirischen Landeshauptstadt die Folge. In einer verkehrsarmen Zeit beträgt der Umweg durch das Grazer Stadtgebiet rund 15 Minuten, in verkehrsstarken Phasen liegt der Zeitverlust bei 30 bis 45 Minuten.
„Die Exekutive erwartet sich vom Einsatz der Section Control, dass der Verkehr gleichmäßiger durch die Röhren fließt. Dadurch kommt es zu weniger Brems- und Beschleunigungsmanövern. Die Gefahr von Auffahrunfällen, in den letzten Jahren Unfallursache Nummer eins, wird dadurch drastisch reduziert", bestätigt Staudacher.
Die bisherigen Einsätze der „Section Control" haben sich stets als voller Erfolg in puncto Verkehrssicherheit erwiesen. Im niederösterreichischen Wechsel-Abschnitt und im Ehrentalerbergtunnel bei Klagenfurt auf der Süd Autobahn A2 und im Kaisermühlen-Tunnel auf der Donauufer Autobahn A22 sind seit Jahren „Section Control"-Anlagen im Einsatz. „In Kärnten gab es bislang pro Monat zwei bis drei Unfälle. Seit die Section Control im Einsatz ist, gibt es zwei bis drei Unfälle pro Jahr. Auch am Wechsel und im Kaisermühlen-Tunnel sind die Unfallzahlen drastisch gesunken. In Wien ist die Durchschnittsgeschwindigkeit um 15 km/h zurückgegangen, die Unfallwahrscheinlichkeit um 42 Prozent gesunken. Man sieht also deutlich: Eine Section Control wirkt und macht Streckenabschnitte sicherer", betont Kienreich.
Die Inbetriebnahme der „Section Control" ist für Herbst 2011 geplant. „Bis dahin sind noch die baulichen Maßnahmen wie Errichtung der Fundamente und Montage des Stahlbaus und der Systemtechnik sowie die Sicherstellung des Datentransfers zur Exekutive zu erledigen", erläutert Kienreich die nächsten Schritte. Die Anlage wird mit einer Frontkamera ausgestattet sein und macht damit nicht nur Fotos vom Kennzeichen, sondern auch Aufnahmen vom Fahrzeuglenker. Nach dem Ansuchen um eine Verordnung für die „Section Control" beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie folgt ein Probebetrieb. Kienreich: „Erst wenn die Anlage technisch einwandfrei funktioniert, wird sie aktiviert."
Funktionsweise einer „Section Control": Das Fahrzeug wird samt Kennzeichen bei der Einfahrt in den Überwachungsabschnitt aufgenommen, gleichzeitig wird der Zeitpunkt festgehalten. Bei der Ausfahrt wird das Fahrzeug erneut samt Zeitangabe aufgezeichnet. Anhand der Ein- und Ausfahrtszeit und unter Berücksichtigung der geeichten zurückgelegten Wegstrecke wird die Durchschnittsgeschwindigkeit des Fahrzeugs - abzüglich etwaiger Messtoleranz - ermittelt. Falls die vorgeschriebene Geschwindigkeit überschritten wurde, werden die aufgezeichneten Daten gespeichert, falls keine Überschreitung feststellbar war, werden alle Fahrzeugdaten gelöscht. Die Section Control ist in der Lage, zwischen einspurigen Fahrzeugen, Pkw, Lkw und Bussen zu unterscheiden. Somit können auch verschiedene von der Fahrzeugklasse abhängigen Geschwindigkeitsbeschränkungen überwacht werden.
Volker Höferl
ASFINAG Service GmbH
Pressesprecher Steiermark und Kärnten