Brand im Himmelreichtunnel: Tunnelübung für den Ernstfall
TU Graz überwacht Messsysteme bei Brandversuch im zweitlängsten Landesstraßentunnel
Vor mittlerweile zwöf Jahren wurde die Ortsumfahrung Hausmannstätten an der B 73 (Kirchbacher Straße) feierlich eröffnet. Dabei bildet der Himmelreichtunnel, der mit 1.045 Metern zweitlängste Tunnel im steirischen Landesstraßennetz, das Herzstück. Rund 14.000 Kraftfahrzeuge durchfahren den Tunnel täglich, fünf Millionen Kraftfahrzeuge (davon fünf Prozent LKW) waren es im Jahr 2023.
„Die B 73 mit dem Himmelreichtunnel ist eine wesentliche Verkehrsader im Süden von Graz mit einem tagtäglich großen Verkehrsaufkommen. Bei der heutigen Übung des Straßenerhaltungsdienstes wurde unter Beweis gestellt, dass der Tunnel höchsten Anforderungen an die Verkehrssicherheit gerecht wird und Autofahrerinnen und Autofahrer im Ernstfall bestmöglich geschützt werden. Nicht nur bei den vergangenen Unwettern, sondern auch bei der heutigen Brandschutzübung im Himmelreichtunnel zeigt sich, dass man sich auf unsere Einsatzkräfte sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Straßenerhaltungsdienstes jederzeit verlassen kann″, sagt Landeshauptmann Christopher Drexler.
„Um auch für das schlimmste Ereignis in einem Tunnel, einen Brand, optimal vorbereitet zu sein, erfolgt die heutige Ernstfallprobe. Die Tunnelübung mit Brandversuch hat neben den gesetzlichen Vorgaben auch das Ziel, die Abläufe mit den sogenannten ,Verbindungsoffizieren′ von Feuerwehr und Rotem Kreuz zu trainieren und das Personal auf dieses Ereignis, das hoffentlich nie eintritt, vorzubereiten″, erklärt Verkehrsreferent LH-Stv. Anton Lang, „der steirische Straßenerhaltungsdienst leistet täglich wichtige Arbeit für unsere Verkehrssicherheit und beweist mit dieser Tunnelübung die technische Expertise des STED und die hervorragende Zusammenarbeit mit den Einsatzorganisationen.″
Ablauf des Brandversuchs
Beim Brandversuch wird der Brand eines „Klein-PKW″ simuliert bzw. nachgebildet. Hierzu wird ein Benzin-Dieselgemisch (etwa 25 Liter), das sich in zwei Brandtassen befindet, entzündet. Christian Schantl, Leiter des Referates Tunnel und E-Technik im Straßenerhaltungsdienst: „Die entstandene Rauchentwicklung wird von den Messsystemen der Tunnellüftung erkannt und die Örtlichkeit des Brandes detektiert. Folglich werden die Lüftungsmaschine und die Abluftklappen aktiviert und beginnen mit der Rauchabsaugung. Für die Rauchabsaugung beziehungsweise Bekämpfung stehen insgesamt sechs Strahlventilatoren an der Tunneldecke sowie sieben Absaugklappen zur Verfügung. Der Rauch wird schließlich von der Absaugklappe über die Zwischendecke und über den Abluftschacht ins Freie gelenkt. Alle Messsysteme sowie die lüftungstechnischen Einrichtungen, die für die technische Abwicklung des Brandes notwendig sind, werden während des Brandversuches von der TU Graz, die auch die Lüftungsanlage geplant hat, auf ihre einwandfreie Funktionalität überprüft.″
Überwachungszentrale Steiermark
Den Brandversuch sowie das aktuelle Geschehen erleben die Kollegen, die in der Überwachungszentrale (ÜZ) in Hausmannstätten die Monitore das ganze Jahr (24/7) im Blick haben, live mit. „Im steirischen Landesstraßennetz mit einer Gesamtlänge von rund 5.100 Kilometern befinden sich insgesamt 46 Tunnel und Unterflurtrassen. Davon sind 24 mit elektro- und sicherheitstechnischer sowie teilweise lüftungstechnischen Einrichtungen ausgestattet. Diese sind in die Überwachungszentrale Steiermark integriert und werden das ganze Jahr überwacht. Die laufende Überwachung des Verkehrsgeschehens sowie das Gewährleisten der durchgängigen Funktionalität der Sicherheitseinrichtungen in unseren Tunneln bilden die Basis für die Sicherheit in den steirischen Landesstraßentunneln″, sagt Franz Zenz, Leiter des Straßenerhaltungsdienstes.
So wurden im letzten Jahr etwa 135.000 Meldungen und Ereignisse, die für die Tunnelsicherheit und den Anlagenbetrieb im Tunnel relevant sind, bearbeitet und behoben. Zu diesen Meldungen und Ereignissen zählen zum Beispiel technische Betriebsmeldungen, Fahrzeugpannen, ausgelöste Höhenkontrollen, verlorenes Ladegut, Staus, Sondertransporte, Verkehrsunfälle bis hin zum Geisterfahrer. Die Häufigkeit von technischen Betriebsmeldungen wie zum Beispiel Störungen basiert in erster Linie darauf, dass alle Anlagenteile im Tunnel täglich 24 Stunden in Betrieb sind und einwandfrei funktionieren müssen. Im Laufe der Jahre nimmt dadurch die Lebensdauer ab und die Störungsanfälligkeit steigt. Zusätzlich bildet der Tunnel für technische Komponenten eine „raue und schwierige" Umgebung (Temperatur, Schmutz, Abgase, Nässe, Salz im Winter usw.), die wiederum eine technische Anfälligkeit begünstigt.
Anlagenübersicht der Überwachungszentrale
- 46 Tunnel und Unterflurtrassen (24 Tunnel mit betriebs- und sicherheitstechnischen Einrichtungen)
- 307 Verkehrslichtsignalanlagen
- zwei Verkehrsmanagementsysteme (Verkehrsrechner)
- 57 Pumpstationen und Gewässerschutzanlagen
- 125 Wetterkameras
- Glatteiswarnanlagen und Winterdienstsensoren
- ein Lawinenradar (Untergrimming)
- ein Murenradar (Donnersbachwald)
- Photovoltaikanlagen
- Wechselwegweiser und Infotafeln
- E-Ladeinfrastruktur
- 46 Hochbauten - Elektrotechnik (Straßenmeistereien, Bauhöfe und Betriebsstandorte)
- 463 Funkanlagen und Geräte
- Weblinger Kreisverkehr (geregelter Autobahn Kreisverkehr/Zubringer)
- Straßenbeleuchtungen
Auszug aus dem Leistungsbericht der Überwachungszentrale für das Jahr 2023
Verkehrsunfälle: 26
Rauchentwicklung: 6
Pannen: 98
Verkehrsbehinderung durch „Klimakleber″: 3
Personen im Tunnel: 48
Höhenkontrolle ausgelöst: 87
Sondertransporte: 66
Tiere im Tunnel: 5
Ladegut/Teile im Tunnel: 85
Notruf aus der Notrufkabine: 13
Geisterfahrer: 32
Verkehrsüberlastung: 93
Lawinen-Alarm: 13
Radfahrer & E-Scooter: 17
Einsätze mit Verbindungsoffizieren: 3
technische Betriebsmeldungen (Anlagenstörungen, Strom- und Kommunikationsausfall, usw.): ca. 130.000
Die Betriebsführung der Tunnelanlagen stellt eine erhebliche innerbetriebliche Herausforderung dar. Beim Auftreten von Störungen erfolgt zunächst die technische Fehleranalyse durch das Personal der Überwachungszentrale. Danach wird die Behebung durch die Techniker eingeleitet. Diese versuchen das Problem vor Ort schnellstmöglich zu lösen. In der Zwischenzeit wird in der Überwachungszentrale mittels 4-Augenprinzip über die Notwendigkeit einer eventuellen Tunnelsperre entschieden. Um diesen Prozess schnellstmöglich umzusetzen, sind die Techniker an den Standorten Hausmannstätten, Bruck an der Mur, Judenburg, Liezen sowie in Feldbach positioniert. Die Nähe zu den Tunneln spielt für die sogenannte Reaktions- bzw. Behebungszeit eine entscheidende Rolle und gewährleistet eine hohe Anlagenverfügbarkeit sowie möglichst kurzfriste Tunnelsperren für die Verkehrsteilnehmerinnen und
-teilnehmer.
Dieser Prozess wird auch für alle anderen technischen Anlagen (Ampeln, Pumpstationen, Hochbauten usw.) im Landesstraßennetz angewandt. Für den Straßenerhaltungsdienst als Straßenbetreiber haben Verkehrssicherheit und Anlagenverfügbarkeit Priorität.
Neuer Prozess: „Verbindungsoffiziere″ Feuerwehr und Rotes Kreuz
Ein weiterer neu eingeführter Prozess zur Verbesserung der Sicherheit im Tunnel und für die Abwicklung von Ereignissen wie beispielsweise einem Unfall oder schlimmstenfalls einem Brand ist der „Verbindungsoffizier″. Um diese Ereignisse effizient, sicher und schnell abwickeln zu können, wird von den Einsatzkräften Feuerwehr und Rotes Kreuz jeweils ein sogenannter „Verbindungsoffizier″ in die Überwachungszentrale entsandt. Die Verbindungsoffiziere und das Personal der Überwachungszentral wickeln das jeweilige Ereignis ab. Dieser Prozess ist auf Länderebene in Österreich einzigartig und unterstreicht die Wichtigkeit einer optimalen Zusammenarbeit zwischen dem Straßenbetreiber und den Einsatzkräften. In den Jahren 2023 und 2024 kam der Prozess „Verbindungsoffizier″ insgesamt vier Mal zum Einsatz. Auslöser waren in erster Linie Unfälle im Tunnel. Die ersten Erfahrungen zeigen bzw. unterstreichen einen laufend weiterentwickelten und zwischenzeitlich optimalen Abwicklungsverlauf.
27. September 2024