Buskonzept von Leoben nach Trofaiach

Die Inbetriebnahme der zwei neuen S-Bahn-Linien S8 und S9 am 11. Dezember von Mürzzuschlag über Bruck an der Mur bis Unzmarkt war einmal mehr Anlass, die Potenziale und Möglichkeiten der Bahnstrecke von Leoben nach Trofaiach als S-Bahn mit Buskonzepten zu vergleichen. Das Land Steiermark sowie die Gemeinden Leoben, St. Peter-Freienstein und Trofaiach gaben heute im Rahmen einer Pressekonferenz in Trofaiach nach Abschluss eines gemeinsamen Planungsprozesses folgende Empfehlung ab: „Es soll künftig ein 15min-Takt im Busverkehr realisiert werden. Diese Variante erzielt im Vergleich mit einer S-Bahn bessere Nachfrageeffekte und dies bei geringeren Betriebs- und deutlich geringeren Investitionskosten", so der steirische Verkehrslandesrat Anton Lang.
Lang präsentierte heute im Trofaiacher Rathaus gemeinsam mit der Verkehrssprecherin der SP-Fraktion im Landtag, LAbg. Helga Ahrer und den BürgermeisterInnen Mario Abl aus Trofaiach und Anita Weinkogl aus St. Peter-Freienstein sowie dem Vertreter der Stadtgemeinde Leoben, GR Heinz Ahrer und Werner Reiterlehner von der Verkehrsabteilung des Landes dieses regionale Verkehrs-Konzept. „Unsere Beharrlichkeit hat sich ausgezahlt. Uns geht es mit diesem innovativen Konzept vor allem darum, dass es im Bezirk künftig möglichst überall eine Anbindung an den Öffentlichen Verkehr gibt", so Lang. Den Bus im Viertel-Stunden-Takt von Leoben nach Trofaiach soll es übrigens ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2017 geben. „Aber auch für Vordernberg/Eisenerz, das Liesingtal und St. Stefan ob Leoben soll es Verbesserungen geben", versprach der Verkehrslandesrat. Sehr zufrieden zeigten sich sowohl die SP-Verkehrssprecherin Helga Ahrer als auch die anwesenden BürgermeisterInnen. „Das ist eine enorme Qualitätssteigerung für unsere PendlerInnen und eine weitere Maßnahme im Kampf gegen die Abwanderung", so die regionalen VerantwortungsträgerInnen einhellig.
Die Verkehrsuntersuchung
Drei Planfälle sind mit dem Ist-Zustand bis zum Prognosehorizont 2025/2030 verglichen worden. Die Varianten bauen auf den Prinzipien einer Attraktivierung des Busverkehrs bzw. der Reaktivierung der Schienenstrecke für den Personenverkehr zwischen Leoben Hauptbahnhof und Trofaiach - Gladen Nord auf:
Variante 1 Vollbus: Das ÖV-Angebot wird auf einen 15min-Takt verdichtet, wobei sich die Buslinien nach Eisenerz (820er) und Trofaiach (TN und TW) überlagern.
Variante 2.1. Bahn/Bus alternierend: Sowohl die reaktivierte Eisenbahn als auch das Busangebot werden jeweils im 30min-Takt geführt und verschränken sich insgesamt zu einem 15-min-Takt zwischen Trofaiach und Leoben.
Variante 2.2: Vollbahn: Ausschließlich die S-Bahn wird im 30min-Takt geführt.
Für diese Planfälle sind die Vor- und Nachteile in verkehrlicher, betrieblicher und volkswirtschaftlicher Hinsicht ermittelt worden. Als Werkzeug zur Abschätzung der Wirkungen, z.B. der Verkehrsnachfrage, ist dazu ein multimodales Verkehrsmodell zur Anwendung gekommen.
Verkehrlicher Nutzen
Es zeigt sich, dass ein dichtes Taktangebot (15 min-Takt) mit plus 700 bis 800 zusätzlichen Einsteigern pro Tag sehr positive Effekte aufweist. Die Vollbahn-Variante 2.2 bleibt jedoch trotz der Einberechnung des Schienenbonus und des damit einhergehenden deutlich höheren Potenzials sogar hinter der bestehenden Nachfrage zurück (-100 Einsteiger pro Tag bei der Variante Vollbahn).
Die Streckenlänge von knapp 11 km mit acht Haltestellen erlaubt es nämlich nicht, gegenüber dem Busangebot mit seiner umsteigefreien Weiterführung nach Trofaiach-West und Eisenerz die wesentlichen Stärken der Eisenbahn - Kapazität und -Geschwindigkeit auszuspielen.
Investition
Die zusätzlichen Investitionskosten für die Reaktivierung einer Bahnverbindung würden rund 43 Mio. Euro betragen. Im Abschnitt ab Trofaiach Bahnhof bis Gladen müsste die Strecke aufgrund eines gültigen Einstellungsbescheides von der Eisenbahnbehörde neu bewilligt werden, zusätzlich ist dieser Streckenabschnitt aufgrund des bestehenden Anlagenzustandes zur Gänze zu erneuern. Auch im vorderen Abschnitt bis Trofaiach sind für einen qualitativ hochwertigen S-Bahn-Betrieb umfassende Maßnahmen am Fahrweg und an der Oberleitung notwendig.
Weiters ist der Neubau von sieben Haltestellen, der Bau von Betriebsausweichen für die gesteigerte Zuganzahl im gesamten Bereich von Leoben bis Trofaiach und die Erneuerung der Sicherungstechnik erforderlich.
Ein wesentlicher Kostenfaktor sind auch die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zur Sicherung von Eisenbahnkreuzungen gemäß der Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012, welche sich durch die angestrebten höheren Geschwindigkeiten ergeben würden.
Für die Attraktivierung des Busverkehrs belaufen sich die infrastrukturellen Investitionskosten auf rund 1,30 Mio. Euro. Hier sollen Maßnahmen im Bereich der Haltestellen (zentraler ÖV-Knoten Trofaiach, Haltestellenanlage, Barrierefreiheit, Visability), der Qualität (Ampelbevorrangung für Busse) sowie in Echtzeitanzeigen realisiert werden.
Betriebskosten
Die von den gefahrenen Fahrzeugkilometern abhängigen jährlichen zusätzlichen Betriebskosten liegen bei Variante 1.1 (Vollbus) bei rund EUR 300.000,--, bei Variante 2.1 (Bahn/Bus alternierend) bei rund EUR 1,7 Mio. und bei Variante 2.2 (Vollbahn) bei rund EUR 1,2 Mio. Die jeweiligen Kilometersätze ergeben sich aus bereits erfolgten Bestellungen und Ausschreibungen bei S-Bahn und RegioBus.
Volkswirtschaftlicher Nutzen
Der volkswirtschaftliche Nutzen errechnet sich in erster Linie aus Fahrzeitgewinnen, sowie aus der Verbesserung der Verkehrssicherheit und Umwelteffekten, unterscheidet sich in den einzelnen Varianten jedoch kaum.
Umsetzung
Die Attraktivierung des Busangebotes zwischen Leoben und Trofaiach könnte relativ zeitnah umgesetzt werden. Bei Zustimmung der Gemeinden zum Buskonzept und baldiger Finanzierungssicherung durch das Land Steiermark, das die Betriebskosten zur Gänze übernehmen würde, könnte der Viertelstundentakt bis Ende 2017 Realität werden.
Bei einer Bahnvariante würde eine Umsetzung erst mittel- bis langfristig möglich sein, offener Punkt wäre vor allem der Abschnitt Trofaiach - Gladen, dessen Wiederherstellung einem gänzlichen Neubau gleichkommen würde und daher voraussichtlich UVP-pflichtig ist.
Realisierungsoptionen
Die Empfehlungen der Planungsgruppe werden noch heuer den jeweiligen Gemeinderäten zur Diskussion übergeben. Dabei wird nicht nur die grundsätzliche Variantenentscheidung zu treffen sein, sondern auch der grundsätzliche weitere Umgang mit dem öffentlichen Verkehr in der Verkehrsregion Eisenstraße festzulegen sein.
Denn die Achse Leoben - Trofaiach soll als Bus-Musterkorridor entwickelt werden, in dem neben dem Angebot auf städtischem Niveau auch die Infrastruktur (Haltestellen, Echtzeitinformation) und die Kundeninformation in bester Qualität zum Einsteigen einladen sollen.
Zudem sollen auch die zubringenden Busachsen z.B. aus dem Liesingtal oder von Eisenerz nach Leoben kommend nachfrageorientiert attraktiviert werden.
Wie soll das neue Buskonzept ins Vordernberger Tal ausschauen?
Corporate Design
Der Bus ins Vordernberger Tal soll einheitlich auftreten. Dazu muss sowohl ein Corporate Design als auch eine Corporate Identity geschaffen werden (siehe Produktmarke "Aichfeldbus" mit ihrer Leitfarbe Wasserblau). Darauf aufbauend sind eine vereinheitlichte Fahrgastinformation in Echtzeit und die Infrastruktur mit hoher Identifikation und spezifischem Wiedererkennungswert aufzusetzen.
Fahrplan
Herzstück eines funktionierenden Bussystems ist und bleibt der Fahrplan. Der Bus ins Vordernberger Tal soll unter der Woche alle 15 Minuten fahren. Es überlagern sich nämlich die Linie 820 von Leoben nach Eisenerz, die im regelmäßigen Stundentakt unterwegs ist, mit den Linien TN nach Gladen (alle 60 min.) und TW nach Gimplach (alle 30 min.). Somit ergibt sich im Abschnitt Leoben Zentrum bis Trofaiach Mitte jede Viertelstunde eine Fahrtmöglichkeit. An Samstagnachmittagen sowie an Sonn- und Feiertagen wird zwischen Leoben und Trofaiach ein stündlicher Busverkehr angeboten. In Leoben sind optimale Umsteigebeziehungen zum Fernverkehr wie auch zur S-Bahn gegeben.
Fahrmaterial
Für eine große Zuverlässigkeit bei der Erbringung der täglichen Verkehrsleistung soll vor allem modernstes Busmaterial sorgen:
Niederflurbusse mit drei breiten Innenschwenktüren (wichtig für das reibungslose Einhalten des Fahrplans), flexible Sonderflächen für Kinderwägen oder Rollstuhl, angenehmes Raumgefühl durch Klimaanlage, große Fahrtzielanzeigen für die rasche Orientierung der Kunden, akustische Ansagen der nächsten Haltestellen, dynamische Linienverlaufsanzeigen,...
Viel Komfort und Sicherheit sollen den neuen Bus ins Vordernberger Tal zum fixen Bestandteil des täglichen Lebens machen. Neueste Motorentechnik (EURO 6) lässt auch die Umwelt aufatmen.
Haltestellen
Die Haltestelle gilt als eine Visitenkarte des neuen Bussystems. Unser Ziel ist ein freundliches, helles Aussehen der Wartehäuschen bzw. eine Umgebung, in der sich der Fahrgast wohlfühlt. Moderne Stelen informieren in Echtzeit über die nächsten Abfahrten. Großzügige Auftrittsflächen, besondere Bordsteine mit taktilen Leitsystemen, die ein besonders nahes Heranfahren des Busses an die Haltestelle erlauben, sollen vor allem mobilitätseingeschränkten Personen eine einfache Benutzbarkeit der Busse garantieren. Im Bahnhof Leoben soll eine technische Anschlusssicherung dafür sorgen, dass kein Bus dem Zug davonfährt.
Umfeld
Der Fahrgast von heute erwartet sich nicht nur eine pünktliche Beförderung von A nach B, sondern Service rund um die Uhr auch im weiteren Umfeld (z.B. Kundenanlaufstelle, besondere Schulungen der Lenker, Marketingaktionen und -kooperationen in der Region, spezifische Taschenfahrpläne usw.). Zahlreiche Maßnahmen haben sich in bestehenden Projekten bewährt und sollen fürs Vordernberger Tal auf den Punkt gebracht werden.
Präsentation ÖV Vordernbergertal
25. November 2016